29 Juli 2016

DAS ANDERE GLÜCK

Über eine Millionen Flüchtlinge sind seit 2015 in Deutschland angekommen, die genaue Zahl weiß keiner. Unterkünfte sind wie Pilze aus dem Boden geschossen und mit ihnen unzählige Initiativen. Über das freiwillige Engagement vieler, vieler Menschen entstanden Kleiderkammern, Deutschkurse, Kochkurse, Patenschaften, Kunstprojekte, Kulturprojekte, Begegnungsprojekte, runde Tische, Helferskreise, Arbeitskreise, Sprachbrücken, Plauderkreise, Lesekreise, Gartenprojekte, Fahrradwerkstätten usw.
 
Glaubt man der Katze vom Dalai Lama, dann gibt es eine mathematische Glücksformel. Diese Formel besagt unter anderem, dass Glück die Nebenwirkung des Engagements für eine Sache darstellt, die größer ist, als man selbst.
Demnach sind die ganzen vielen Menschen, die sich gerade jetzt für die Flüchtlinge engagieren und sich so für eine größere Sache einsetzen, auch selber ein Stück glücklicher. Eben weil sie helfen (dürfen) und sich für eine sinnvolle Sache einbringen können.

Unter diesem Gesichtspunkt sollte man sich bei den vielen tausend Menschen, die hier ein neues zuhause suchen, eigentlich bedanken. Durch sie sind die vielen kunterbunten Initiativen und Projekte überhaupt erst entstanden und das individuelle Glücksempfinden der vielen Helferinnen und Helfer ganz nebenbei aber spürbar angewachsen. Gäbe es ein bundesweites Glücksbarometer, dann wäre der Zeiger deutlich gestiegen – und tut es auch weiterhin. Also:

DANKE!
an die vielen tausend Menschen,
dass ihr zu uns kommt
und wir dadurch etwas glücklicher sein dürfen!
 
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Meine blog-Einträge werden mit Zeichnungen von geflüchteten Menschen begleitet,
die in Hamburg angekommen sind. Sie sind auf
Kunstaktionen vor ihren Notunterkünften entstanden.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich dabei fotografieren durfte.
 
 
Tafel der Begegnung
 
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PS: die Glücksformel gibt es wirklich:
 
 

26 Juli 2016

EINZELGÄNGER *** Phönix aus der Asche

 
Greifvögel mögen keine Nähe
 
Greifvögel sind stolze Vögel. Sie scheinen unerreichbar, haben Argusaugen, schlagen ihre Beute zielgenau und werden als Krafttiere verehrt. Wer Greifvögel am Himmel kreisen sieht, der kann ein ehrfürchtiges Staunen kaum unterdrücken. Sie sind ein weltweites Symbol für Kraft und Freiheit, verkörpern Autonomie, Stolz und Effizienz und strahlen unverhohlene Aggression aus. Wie gewöhnt man diese stolzen und eigensinnigen Vögel an den Menschen?
 
Falkner(in) für einen Tag. 
 
Auf ihre unglaubliche sympathische Art hat uns Ricarda, die Falknerin und Tierpflegeleiterin des Falkner-Parks Örtze bei Müden, nicht nur die Psychologie der Greifvögel nahegebracht, sondern uns auch unsere Berührungsängste genommen. Nach einer kurzen Einführung ging es los – ganz praktisch: 
 
Abtragen – Ätzung – Freiflug. 
 
Das heißt im Klartext: Handschuh an und Greifvogel ´drauf. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, mit diesen stolzen Tieren durch den Park zu wandern. Später kamen kurze Flüge an der Leine dazu, die Krönung bildete ihr atemberaubender Freiflug – natürlich alles mit der entsprechenden Belohnung, denn sie machen NICHTS umsonst. So lernten wir den Wanderfalken Siwa, die Wüstenbussarde Ron und Hermine, den Adler Tria und den Uhu Esmeralda kennen und lieben. Ganz nebenbei weihte uns Ricarda in die Geheimnisse der Greifvogelmentalität ein: seine Bedürfnisse als Hochleistungssportler, seine natürliche Aggressionsfähigkeit, sein Fressverhalten, seine Auffassungsgabe und sein Verhältnis zum Menschen.
 
 
 
Eine Greifvogelmentalität ist gar nicht so weit entfernt ist von unseren modernen Managerqualitäten:
Zielgenauigkeit, Konzentration, Weitsicht, Selbstbestimmtheit.
>>> Das könnten aber auch die Ziele eines westlichen ZEN-Buddhisten sein <<<
 
Das gibt zu denken.
Mit dem Schwarmverhalten einer Ameise haben Greifvögel jedenfalls rein gar nichts zu tun.

AMAZON´S HORROR.

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Meine blog-Einträge werden mit Zeichnungen von geflüchteten Menschen begleitet,
die in Hamburg angekommen sind. Sie sind auf
Kunstaktionen vor ihren Notunterkünften entstanden.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich dabei fotografieren durfte.
DANKE!
Ein junger Mann aus Syrien, vielleicht 25 Jahre alt,
zeigt mir auf seinem Handy Fotografien von seiner Familie.
Seiner Frau, seinen Kindern, seinen Eltern, seinen Geschwistern.
Sie sind alle nicht mehr da.
Er ist ganz alleine.
 

19 Juli 2016

UNPERFEKT I _ Wabi-Sabi

 
Eine gute Idee ist Gold wert – aber wann ist eine Idee gut? Und wer bestimmt das?
 
Ideen- und Inspirationsquellen scheinen von einem großen Geheimnis umgeben zu sein. Früher wurde man von der Muse geküsst, wenn etwas besonders gut gelang. Heute gibt es eine „Kreativitätsszene“, die händeringend nach guten Ideen sucht - um wettbewerbsfähig und konkurrenzlos zu bleiben. Mit teuren Seminaren und Trainingsprogrammen sollen Ideen auf Knopfdruck produziert werden, die noch besser, noch effektiver, noch wirtschaftlicher, noch erfolgreicher sind. Am besten viral. Trotzdem gibt es Schreibblockaden und leere Köpfe. Das macht auch vor der Kunst nicht Halt. Sind Wettbewerbsstrategien und der damit einhergehende Perfektionismus Kreativitätskiller?
Auf der anderen Seite wächst gerade jetzt im Moment eine Do-it-yourself-Bewegung aus dem Boden, die mit kreativen Ideen nur so um sich wirft. Eine schöner wie die andere. Auf DaWanda, Pinterest & Co zeigen viele tausend Menschen weltweit ihre selbst gestalteten Objekte. Die DIY-Portale wachsen stündlich an und gleichen einer kunterbunten Ideenlandschaft. Antriebsfeder ist eine neue Lust auf selbstgestaltete Unikate, mit viel Liebe zum Detail und ohne Perfektionismus und Zeitdruck im Nacken.
 
Warum besitzt das vermeintlich Unperfekte so einen unnachahmlichen Charme? In Japan gibt es ein Wort dafür: Wabi-Sabi – von der Schönheit des Unvollkommenen. Wabi-Sabi kennt den Ausdruck für „wertvoll“ nicht. Alles erhält erst dadurch seinen Wert, dass wir es lieben. Nicht etwas das Perfekte verdient unsere Liebe, sondern eben gerade das Unperfekte mit all seinen Makeln. Sie zeigen die Spuren der Zeit, geben Raum für Fantasie und erschaffen das wahrhaft Einzigartige.

 
Mein Trainingsprogramm für das kommende Jahr:
>>> Fräulein Unperfekt <<<
Herzlich willkommen und gute Reise.
 

 

Nichts in diesem Universum ist perfekt,
denn Perfektion bedeutet das Ende allen Wachstums.
Alan W. Watts, Philosoph
 
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Kreativitätstechniken zum Nachmachen:
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Meine blog-Einträge werden mit Zeichnungen von geflüchteten Menschen begleitet,
die in Hamburg angekommen sind. Sie sind auf
Kunstaktionen vor ihren Notunterkünften entstanden.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich dabei fotografieren durfte.
DANKE!
 
Mädchen, ca. 14 Jahre alt aus Serbien
 
 

14 Juli 2016

ME, MYSELF & I _ 24 Stunden ohne ICH

In Deutschland leben knapp 81 Millionen Einwohner. Davon nehmen mindestens 1,6 Millionen Menschen regelmäßig verschreibungspflichtige Schlaf- und Beruhigungsmittel ein, um Angstzustände, Panikattacken und innere Unruhe in den Griff zu bekommen.

Auf der ganzen Welt leben fast 7,5 Milliarden Menschen und alle haben ein eigenes ICH. Jeder für sich ein einzigartiges Individuum, das sich in den meisten Fällen selbst am nächsten steht.
Wenn wir von oben auf diese Welt blicken würden, dann sähen wir also 7,5 Milliarden ICHs, die sich wie Derwische um ihre eigene Achse drehen. Sie kreisen um ihre Bedürfnisse, Wünsche, Sehnsüchte und Vorlieben und mit dem Wort ICH meinen keine zwei Menschen dasselbe.

Dabei kann so ein ICH ziemlich anstrengend sein: Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Bin ich gut genug? Geht es noch besser? Habe ich alles richtig gemacht? Bin ich erfolgreich? Habe ich alle Möglichkeiten ausgeschöpft? Bin ich schuld? Tue ich genug für mich? usw. usw. usw.
 
 
Stell dir mal vor, es gäbe ein
Urlaub vom ICH
 >>> 24 Stunden ohne ICH <<<
und so geht es:
Streiche einen Tag lang die Wörter ICH – MIR – MEIN – MEINS
komplett aus deinem Vokabular und aus deiner Gedankenwelt.

 Ab JETZT.
 Gute Erholung wünscht die Ameizon-Hegerin

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Meine blog-Einträge werden mit Zeichnungen von geflüchteten Menschen begleitet,
die in Hamburg angekommen sind. Sie sind auf
Kunstaktionen vor ihren Notunterkünften entstanden.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich dabei fotografieren durfte.
DANKE!
Ein kleines Mädchen aus Syrien malt immer wieder dasselbe:
riesige, aufgerissene Augen, offene schreiende Münder
 
 

11 Juli 2016

FRÜHSCHWIMMEN - von Dusche zu Dusche

Frühschwimmen heißt zuerst einmal, früh aufzustehen. Viele Bäder haben schon ab 6:30 geöffnet, und so mache ich mich kurz nach dem Vogelgeschrei in der Morgendämmerung auf den Weg.

Frühschwimmen ist das Domizil der Alten. Während ich eher ungeschickt meine Bahnen ziehe, ist das nicht zu übersehen. Ich ziehe sie gemeinsam mit sehr vielen alten Frauen. Dreißig Minuten später stehe ich mit ihnen nackt unter der Dusche. Eine besondere Atmosphäre, in der ich mich eher als Eindringling fühle. Den alten Frauen scheint es egal zu sein. Ich sehe verstohlen auf ihre alten Körper, lausche ihren Gesprächen, belausche sie.
Nackt unter der Dusche kommen sie mir nahe. Ihre nackten Körper sprechen Bände, erzählen von einem langen Leben, von Vorlieben und Gewohnheiten, von Krankheiten und von ihrer Einzigartigkeit, unverhüllt und unverwechselbar. Es gibt nichts zu verstecken. Und es gibt keine Scham. Von Dusche zu Dusche nehme ich eine Vertrautheit wahr, die mir fremd ist.
Die Gespräche der alten Frauen und der Anblick ihrer nackten Körper haben eine eigene Magie. Sie erzählen von früher, von heute und von einem Stolz, noch da sein zu dürfen. Das ist etwas Schönes. Also werde ich in den kommenden drei Wochen wiederkommen. So oft, wie es passt zum Frühschwimmen gehen, um den Gesprächen der alten Frauen zu lauschen. Und schauen, was passiert. 
 
Heute ist Tag eins.

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Flüchtlingsunterkunft - zwei Stunden täglich Dusche nur für Frauen - Pappkartons als Sichtschutz

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06 Juli 2016

GEHEIMBOTSCHAFTEN - Kryptologie im Alltag


 
Warum nicht „einfach mal“ geheime Botschaften verteilen,
ohne etwas verkaufen zu wollen und ohne Hintergedanken?
Wer macht denn so etwas?
 
  
Es geht ganz einfach.



 
Alles eintüten - einen Parkplatz suchen - hinter die Scheibenwischer klemmen - fertig.
 
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Es gibt gerade eine Ausstellung im >>> Skulpturenmuseum in Marl <<< mit einem wunderschönen Ausstellungstext:
Sich immer wieder neuen Begegnungen und unerwarteten Situationen in der Gegenwart auszusetzen und daraus Anregungen abzuleiten setzt, als künstlerische Haltung verstanden, gestalterische Kräfte frei, die wiederum als Appell oder als Möglichkeit vom Kunstwerk in die Gesellschaft zurückwirken. Vom individuellen Empfinden ins gesellschaftlich-politische gedreht kann Leichtigkeit dabei als eine Haltung gelesen werden, aus der heraus eine positive Bewegung, ein Aufbruch möglich ist. Kunst hat dabei den Vorteil, nicht umsetzen zu müssen, sondern Kunst weitet den Blick.
Der Text spricht mir aus dem Herzen, denn das ist genau das, was ich momentan auch mache:  zu sehen und lesen im  blog >>> HEUTE MAL ***ANDERS <<<.Wie schön, dass das jetzt auch Kunst ist.
 
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Meine blog-Einträge werden mit Zeichnungen von geflüchteten Menschen begleitet,
die gerade in Hamburg angekommen sind. Sie sind auf
Kunstaktionen vor ihren Notunterkünften entstanden.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich dabei fotografieren durfte.
DANKE!


SCHRIFTZEICHEN
Junge, ca. 10 Jahre, am ersten Tag seiner Ankunft
in einer alten Schule, die als Notunterkunft dient / Hamburg
 


01 Juli 2016

LUFT & LIEBE _ Das Glück der Anderen

Auf Amazon gibt es 29.594 Bücher über das Glück. Die meisten davon haben viele Bewertungen, viele Sterne und versprechen ein glückliches Leben. Kann man glücklich werden, wenn man weiß, wie es geht? Werden alle Menschen, die vom Glück lesen, auch glücklich?

Das Institut für europäische Glücksforschung gibt es wirklich und sitzt in Wien. Man kann dort einen Happinez-Observer abonnieren, an Glücksforschungsexperimenten teilnehmen und den Internationalen Tag des Glücks feiern.
In Bhutan existiert ein Bruttonationalglück – und wer etwas auf sich hält, der besucht das „Königreich des Glücks“ um sich weiterzubilden (>>> oder um sich zu profilieren<<<).

Trotz aller wissenschaftlichen (>>> literarischen, esoterischen, religiösen, philosophischen, mathematischen, biologischen, psychologischen <<<) Bemühungen bleibt Glück etwas Fragiles, das sich ständig der Kontrolle zu entziehen scheint. Vielleicht verhält es sich mit dem Glück ähnlich wie mit dem Gleichgewicht: es muss immer wieder neu justiert, tariert und ausgelotet werden. Immer anders.
Das Einzige, das man wohl mit Sicherheit über das Glück sagen kann, ist, das fast alle Menschen danach auf der Suche sind. Selten behauptet jemand, er hätte es gefunden, und wenn doch, dann nur für kurze Zeit.
 
 
Stell dir vor, du gehst auf die Straße und findest das Glück
 
 
 
Video.js | HTML5 Video Player
 
 
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DANKE!
 

ROT SEHEN
Junge, ca. 7 Jahre alt, Afghanistan
seit 5 Wochen in einer Zelt-Notunterkunft