20 August 2019

SEI ENDLICH – Mode mit Sinn

VON DER KUNST, DIE EINMALIGKEIT AUSZUHALTEN
 Jeder Moment ist einmalig. Jeder.
Wenn etwas einmalig ist, dann ist es etwas Besonderes,
etwas Unwiederbringliches, etwas Kostbares.
 
Wir Menschen neigen dazu, der kostbaren Einmaligkeit eines jeden Moments auszuweichen. Einmaligkeit erinnert an Vergänglichkeit und an die panische Angst, etwas zu verlieren. Trotz der immer größer werdenden Sehnsucht nach dem HIER UND JETZT suchen wir nach Berechenbarkeit und Wiederholbarkeit. Wo ist dieses geheimnisvolle JETZT?
 
Alle wissenschaftlichen Entdeckung beruhen auf Versuchsanordnungen, die jederzeit exakt wiederholt werden können. Industrielle durchrationalisierte Produktionsketten garantieren ein immer gleiches Ergebnis. Gesetze und Regelwerke gelten zumindest auf dem Papier für jeden Menschen gleich. Versicherungen grenzen jedes unkalkulierbare Risiko aus und die Gesetze des logischen Denkens strafen jedem intuitiven Gefühl lügen. Wenn etwas wiederholt werden kann, dann wird es sicher, kalkulierbar, ersetzbar – und käuflich.
 
In der Kunst begegnen wir der Einmaligkeit, dem Unikat, der Magie des Augenblicks, dem Musenkuss. Die Kunst besteht darin, die Einmaligkeit zu entdecken, dem flüchtigen Moment einen Raum zu geben, ihn Besonders zu machen, poetisch zu verdichten – und seine Vergänglichkeit auszuhalten.

Es gibt Gebrauchsanweisungen, um das persönliche Glück neu zu finden, wie das Glücks-Tagebuch auf dem Nachttisch, in denen man täglich mindestens drei Dinge hereinschreibt, die gut verlaufen sind und zum eigenem Glück beitragen könnten. Warum nicht ein Buch über die Einmaligkeit eines Tages schreiben, um sich an die Vergänglichkeit und damit an den Wert eines Augenblicks zu erinnern?
Oder ein Mode-Label entwerfen, um sich die Erinnerung an das HIER UND JETZT auf den Körper zu schreiben. Mit Wort-Bildern wie: sei endlich – endlich sein – ganz da – jetzt zeit – be now – hier und jetzt


 
Selbstverständlich mit Biosiegel, nachhaltig produziert und für jedes verkaufte Teil gibt es 5% Spenden an ambulante und stationäre Hospizdienste, Palliativ-Care-Teams und Trauerarbeitsgruppen. 
 
MODE MIT SINN



 

21 März 2019

OM(G)_2.0 >>> Teil I

Glut ist ein Sinnbild für extreme Gefühle. Sie reichen von dem sprichwörtlichen glühenden Zorn bis zur brennenden Liebe. In der Literatur, im Film, in der Philosophie und in der Kunst. Im religiösen Kontexten beschreibt Glut sowohl den vernichtenden Zorn Gottes als auch die hingebungsvolle Zuwendung der Gläubigen.
Im Weltverständnis des frühen vedischen Kultur Indiens ist die Glut – auch Tapas genannt - eine Urenergie, die das Denken und Fühlen bewegt, die lebendig macht und über das hinausführt, was gegeben ist. Sie entsteht aus Reibung zwischen dem Offenbaren und dem Unsichtbaren, dem Wort und dem Geist, dem Atem und dem Ich.
 
Glut symbolisiert die energiegeladene Sprengkraft zwischen einer willkürlichen, alles vernichtenden Urgewalt und der aufbauenden Kraft universeller Hingabe und Liebe. Tatsächlich findet Glut mit ihrer extrem zerstörerischen und gleichsam erneuernden Eigenschaft im Erdinneren ihre Entsprechung. Glühendes Eisen ist zusammen mit Nickel wahrscheinlich der Hauptbestandteil des Erdkerns und erzeugt mit seinen thermischen Kräften im äußeren Kern das Erdmagnetfeld.
 
Um diesem ambivalenten, zutiefst polarisierenden Wesen der Glut auf die Spur zu kommen, habe ich Video-und Klangaufnahmen in einer Eisengießerei machen dürfen. Für die Installation OM(G)_2.0 erforsche ich den Rhythmus und das Wesen der Glut - und den schmalen Grat zwischen Liebe und Wut, wenn es um große Gefühle geht.

Glut-Rhythmus 1. Versuch mit "Schlacke": Film ab + Ton ab
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13 März 2019

VERBLÜHEN & VERWELKEN

KünstlerInnen sind immer ein Stück weit Forscher, wenn auch mit höchst eigenartigen Methoden: Feldforscher, Naturforscher, Gefühlsforscher, Chaosforscher, Erinnerungsforscher. Traumforscher, Wortforscher. Ich erforsche zurzeit das „Wesen der Glut“. Dabei bin ich auf eine Forschungsreihe gestoßen, die ich vor 12 Jahren begonnen habe, die aber nie – obwohl sehr akribisch gemacht – einen Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat. Manchmal müssen Ideen reifen wie ein guter Wein.
 
Victor Hugo sagt: Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.
 
Und wenn die Zeit gekommen ist, dann muss man sie am Schopfe packen. Das mache ich jetzt und heute und gebe der 12 Jahre zurückliegenden Hibiskus-Forschung einen Raum, betrachte sie als ein Geschenk an mich selbst und stelle ihr das Gedicht „Du musst das Leben nicht verstehen“ zur Seite.

VERBLÜHEN

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Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.
 
Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.
Rainer Maria Rilke, 8.1.1898, Berlin-Wilmersdorf
 
VERWELKEN

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Und so kann das Ganze als Rauminstallation aussehen:



16 Januar 2019

WUT_GLUT_MUT


Heiße Gefühle & heilige Bücher
 
Alle reden von Gefühlen – aber keiner traut sich, sie zu zeigen. Außer Künstler*Innen vielleicht - die werden dafür bezahlt. Eine ganze Unterhaltungsindustrie lebt von zur Schau gestellten Gefühlen. Was früher die Wandgemälde von Michelangelo, die Mysterien des Hieronymus Bosch oder die Höllendarstellungen der Gebrüder Bruegel waren, sind heute Dokusoaps wie „Dschungelcamp“, (GNTM) „Germany next Topmodel“, (DSDS) „Deutschland sucht den Superstar“ und „Richterin Salesch“.
Außerhalb der Kunst und der Unterhaltungsindustrie wird das Zeigen von Gefühlen mit einem oftmals peinlichen Kontrollverlust gleichgesetzt. Wer sich zu großen Gefühle wie unbändige Wut, bohrender Neid, abgrundtiefe Trauer oder auch überbordende Freude bekennt, wird schräg angeschaut. Man nimmt Abstand, das macht Angst. Hier wird bei Beerdigungen nicht lauthals geweint wie in anderen Kulturkreisen – und auch nicht vor Freude auf der Straße getanzt.
Im Grund sind wir eine ziemlich gefühlsarme Gesellschaft, komplett ungeübt im Umgang mit unseren Basisemotionen, die ja im Grunde einen wesentlichen Bestandteil unserer menschlichen Existenz ausmachen. Schon im Kindergarten werden Gefühle limitiert, negativ besetzt und in Schule und Beruf haben sie nichts mehr zu suchen.

Wo ist ein Raum für Gefühle?  

Heilige Bücher aller Religionen sind voll von ihnen. Die Bibel, der Koran, die Veden oder der Thanach sind gefüllt mit heißen, glühenden, brennenden Gefühlen - Trauer, Wut, Liebe, Zorn, Neid, Überraschung, Furcht und Ekel - poetisch ausgemalt in klangvollen Bildern.
Vielleicht ist das der Grund, warum im Namen Gottes, Allahs und Jahwes so viele erbitterte Kriege und furchterregende Auseinandersetzungen stattfinden. Weil jede Art von Spiritualität große Gefühle weckt, sie zum Ausdruck bringt, sie nahezu einfordert. Und wir als komplett Ungeübte im Umgang mit großen Gefühlen können angesichts brennender Liebe und  glühendem Zorns leicht ins Schwimmen geraten.
 
 
Angst vor dem Ertrinken. 
Hesekiel 24,11
Stelle den Topf leer auf die Glut, damit er heiß wird und sein Erz glüht
und seine Unreinheit schmilzt und sein Rost abgeht!

 Hohelied 8,6
Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz und wie ein Siegel auf deinen Arm.
Denn Liebe ist stark wie der Tod, und ihr Eifer ist fest wie die Hölle.
Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des HERRN. 
 Markus 8
Denn wer sein Leben behalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert
um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's behalten. Denn was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele?  
 Matthäus 5,44
Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen;
tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen.
Mose 1 29,14
Fürwahr, du bist von meinem Gebein und Fleisch.
Psalm 44,6
Herr, in deinem Namen zertreten wir unsere Gegner!
 

03 Januar 2019

DIE MACHT DER SCHÖNHEIT >>> 2019

Die Schönheit des Einfachen erlebte ich 2018 In einem koptischen Klosterzentrum in Ägypten, zwischen Kairo und Alexandria mitten in der Wüste. Einfachheit in den Ritualen, dem Essen, der Einrichtung, der Beleuchtung, der Architektur. Sie zieht sich durch die gesamte Anlage, ist komplex, aber nicht kompliziert. Diese einfache, klare Ästhetik hat die Macht, meine Sinne zu beruhigen und Weitsinn zu spüren.
 
 Schönheit begegnete mir auch bei einem wunderbaren Gespräch mit dem Geschäftsführer einer großen Eisengießerei, der mir glücklicherweise die Erlaubnis erteilt hat, für eine Rauminstallation Aufnahmen von flüssigen Eisen zu machen, wenn es in eine Form gegossen wird. Ästhetik und Formschönheit seien ein deutlicher Hinweise dafür, dass Qualität und Funktionalität der Gussteile gewährleistet sein. Auch diese Gussteile sind komplex – aber nicht kompliziert.
(Kompliziert wird eine Sache ja eigentlich erst dann, wenn Handlungen gerechtfertigt werden müssen, die an sich vollkommen ungerecht, sinnlos und kontraproduktiv sind – dafür aber hochdotiert, kostspielig und  höchst spekulativ.) 
 

Wie kann ich diese einfache Schönheit, die mir in der koptischen Klosteranlage in Ägypten oder der Eisengießerei gezeigt wurde, in meinen Alltag herüberretten?
Wie gelingt ein „ästhetisch-einfaches“ Leben in einer Großstadt?
Das Herauszufinden ist doch eine schöne Aufgabe für 2019.
Ich werde berichten.

So wünsche ich uns allen ein
wunderbar einfaches,
ästhetisch aufgeladenes,
sinnberuhigtes und sinnoffenes
2019!